Am 21. März 2016 starb Roberto Petracini. Roberto Petracini wurde in seiner Heimat und ganz Lateinamerika als der Großmeister der lateinamerikanischen Aquaristik verehrt. Er gründete die Internetzeitschrift „El Acuarista“ (Der Aquarist), in der er sein Leben voller Erfahrungen in der Aquaristik und der Erforschung der verschiedensten Arten von Fischen aus Argentinien und anderen Ländern mit allen teilte.
Durch seine unermüdliche Tätigkeit half er unzähligen Aquaristikgruppen und Verbänden in ganz Lateinamerika. Er war zweifellos der Lehrer vieler Generationen von Aquarianern, deshalb gilt er als einer der Väter der argentinischen und lateinamerikanischen Aquaristik.
Sein Verlust wird nicht zu ersetzen sein. Er war eine Person, die viel säte und ein riesiges Erbe sowohl an Wissen, an Liebe zur Natur als auch im Kampf für eine gerechtere Welt. Diejenigen, die wir das Glück hatten, uns mit ihm zu bilden, wissen das gut, und wir sind dankbar für das Privileg, seine Lehren zu erhalten zu haben.
Auf Wiedersehen, lieber Petra, immer bis zum Sieg!
Roberto Petracini Portrait.jpg
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Doch nun lasse ich Roberto selbst zu Worte kommen, wie er sein Leben beschrieb:
Mein Name ist Roberto Petracini. Ich wurde am 30. September 1941 in Junín, Provinz Buenos Aires, geboren, damals eine Eisenbahnerstadt, umgeben von den Feldern und Weiden der Provinz Buenos Aires.
Kurz danach zogen meine Eltern an den Rand der Stadt Buenos Aires, genauer gesagt in die Nähe von Saenz Pena an der Grenze mit der Hauptstadt. Ich besuchte die Grundschule in der Nachbarschaft.
Nach der Grundschulzeit begann ich in einem Filmverleih als Transportarbeiter zu arbeiten.
Während des Besuches der Industrieschule arbeitete ich in einer Druckerei, sammelte Erfahrungen als Grafiker. Durch die Arbeit als Lektor in derselben Firma machte aus mir ein großer Leser, und bald danach arbeitete ich als Korrektor. So wurde ich gezwungen, immer mehr zu lesen ...
Nach einigen Jahren, in der ersten Zeit meines Studiums arbeitete ich in verschiedenen Werbeagenturen in den Bereichen Design und Grafik. Aber immer wieder verlor ich meinen Arbeitsplatz wegen meines gewerkschaftlichen Engagements, und schließlich begann ich bei der Eisenbahngesellschaft arbeiten.
Kurz nach meinem Beginn dort gab es einen Eisenbahnerstreik von mehr als 40 Tage Dauer. Es folgte eine sogenannte "militärische Mobilmachung", der in einem Militäreinsatz gegen die Streikenden gipfelte.
Da ich mich lautstark für die Rechte der Streikenden eingesetzt hatte, wurde ich zweimal verhaftet und beide Male mit Elektroschocks gefoltert.
Hierdurch habe ich gelernt, in der Zukunft etwas vorsichtiger mit meinen Worten zu sein. Ein Elektroschock ist keine angenehme Erfahrung.
Einige Jahre später, nach einem neuen Militärputsch, wurde die Besetzung der Universität entschieden. Zu dieser Zeit war ich Delegierter der Studenten, und wie so viele meiner Mitstreiter jener Zeit litten wir unter den Repressalien der Polizei und des Militärs. Diese Repression wurde als die „Nacht der langen Knüppel“ („La Noche de los Bastones Largos“ – in etwa „Nacht der langen Messer“) bekannt. Es war das dritte Mal, daß ich festgenommen wurde, und man erinnerte mich wieder daran, wie sich Elektroschocks , Prügel und andere Formen der "demokratische Überzeugungsarbeit" anfühlten.
Ein Militärputsch nach dem anderen, einige Wahlparodien und viele Razzien, zwangen mich, unterzutauchen und teilweise sogar, in der Unterwelt zu leben. Ich konnte keine Arbeit behalten, und so arbeitete ich unabhängig als Fotograf, als Publizist, als Herausgeber von Zeitschriften und sogar als Lehrer in verschiedenen Disziplinen, wenn in Argentinien die Demokratie kurzzeitig zurückkehrte.
Alle Phasen meines Lebens hatten einen gemeinsamen Nenner: wann immer es mir möglich war, hatte ich ein oder mehrere Aquarien. Fische begleiteten mich hierhin und dorthin, bis ich schließlich nach einer kurzen Phase in der Fleischindustrie begann, mit Aquarien zu arbeiten. Im Jahre 1975 wurde ich als "Leiter" der Firma AcuaArte angestellt, einer Firma, die als Aquarienhersteller und -Großhändler noch immer existiert.
Ich hatte meinen Wohnort bereits mehrfach geändert, als der Militätputsch von 1976 stattfand. Kurze Zeit darauf beendete ich meine Arbeit bei AcuaArte, dann gründete ich ein Unternehmen für den Vertrieb von Aquaristikartikeln. Diese Firma erlaubte es mir, der neuen repressiven Herrschaft zu entkommen, die als die blutigste Diktatur in die Geschichte Argentiniens eingegangen ist.
Es war in diesen Zeiten des Lebens und der Angst, als ich die Provinz Misiones kennenlernte, seine Bäche, Flüsse und vor allem seine Menschen, die mich sehr unterstützten. Die Nähe der Grenzen von Brasilien und Paraguay boten Fluchtwege an für all die Flüchtigen vor militärischen Unterdrückung, und sie erlaubte mir, vielen Verfolgten zu helfen, aus dem Land zu fliehen.
Einige Jahre später kehrte ich nach Misiones zurück, zu seinen Flüssen und Bächen, aber diesmal auf Exkursionen als Aquarianer, um mehr über seine Fische, Pflanzen und Wasserorganismen zu lernen, und um mich mit meinen Freunden an die Vergangenheit zu erinnern und die Gegenwart teilen.
Roberto Oetracini mit Wels.jpg
Heute bin ich über 70 Jahre alt und habe ich viele Erfahrungen gemacht, gute und schlechte, und habe viele alte Freunde, die mich auf meinem Wege begleitet haben, und von denen einige Opfer der Repressionen wurden. Von anderen verlor ich die Spur, viele andere mehr teilten meine Momente der Freude und des Leides. Viele alte und neue Freunde geben mir die Genugtuung zu wissen, dass ich auf sie zählen könne, wann auch immer ich sie braucht, so wie sie immer auf mich zählen können.
Ich bin mir sicher, wenn ich wiedergeboren würde, würde ich den gleichen Weg durch alle Tiefen gehen, und ich bereue nichts außer daß ich nicht in der Lage war, etwas mehr als zu tun, als ich tat.
Quellen:
http://www.rpetracini.com.ar/
http://www.elacuarista.com/