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  1. #1

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    Eine kleine Geschichte für einen Menschen, den ich mag.

    Wer ist „Es“?

    Eine Kurzgeschichte über einen kleinen Fisch.

    Es“ erblickte im Juli 2020 das Licht der Unterwasserwelt in meinem 130l-Aquarium. Dieses war neben vielen Pflanzen mit einigen Fischarten bestückt, darunter Neons, Antennenwelse, Zebrabärblinge und Guppys.

    Eines Tages schaute ich morgens wie üblich zur Fütterung in mein Becken und entdeckte lauter winzige Babys. Mein erster Nachwuchs hatte sich eingestellt, was mich natürlich sehr erfreute und schier in Aufregung versetzte. Schnell versuchte ich die kleine Truppe zu zählen. Ich zählte und zählte, und zählte, immer wieder von vorne. So schnell konnte ich aber gar nicht zählen, wie der Minischwarm zwischen dem Nixkraut verschwunden war. Dann schwammen sie hier und schwammen da, mal oben, mal unten. Oje, wie sollte ich da den Überblick bekommen? Gar nicht, also blieb es bei der Zählung eines Kleinkindes: Eins, zwei, drei, viele.

    Schnell fand ich heraus, dass es sich bei Mama und Papa um die waschechten Guppys handelte, die ständig mit sich selber beschäftigt waren und sich auch nicht viel um ihre Babys Sorgen machten, geschweige denn kümmerten. Dafür sorgte ich mich jedoch umso mehr. Meine Empfindungen erinnerten mich an die Zeit, als meine Enkeltochter zur Welt kam. Huch, ich bin (Fisch-)Oma.

    Anfangs nahm ich „Es“ nicht absonderlich wahr, es war eben ein kleines Fischbaby. Nur seine Farbe fiel mir auf, denn die war wesentlich dunkler. Zunächst überlegte ich natürlich, wessen Baby es sonst noch sein könne, doch da gab es keine weiteren Winzlinge. „Es“ war tatsächlich ein Guppy, nur ein etwas anderer Guppy.

    In den ersten Tagen nach seiner Geburt war „Es“ mit seinen eins, zwei, drei, vielen Geschwistern unterwegs, übte das Versteckspiel und nahm Schwimmunterricht für Fortgeschrittene. Hin und wieder spielten die Kleinen sogar Fangen miteinander, was sehr lustig anzusehen war. Sie rangelten herum und drückten den Spielgefährten mit ihren Körpern beiseite, nahmen sich gegenseitig das Futter weg; und ich dachte manchmal, jetzt müsste die Stinkeflosse kommen. Man wundertsich als Fischoma, wie total neugierig diese Winzlinge sind. Ständig waren sie dabei alle Ecken in ihrem großen Reich zu erforschen. Ein richtig süßer Kindergarten.

    Mit den Wochen stellte ich noch einige andere Unterschiede von „Es“ fest. Der Winzig war urplötzlich oft abseits der Truppe, befand sich meist in der Bodengegend, wobei sich die anderen an der Wasseroberfläche tummelten. Auch konnte dieses kleine Fischlein nicht lange schwimmen, setzte sich immer wieder auf den Kies oder legte sich gar hin, um neue Energie zu sammeln und die nächste Schwimmetappe zu schaffen. Ich machte mir nun ernsthafte Sorgen und hatte nicht viel Hoffnung das „Es“ sich zu einen normalen Guppy entwickelt.

    Wenn ich „Es“ nicht finden konnte, kam spontan Trauer in mir hoch und ich dachte, nun hat mein Schützling sein Leben ausgehaucht oder ein Fressfeind hat ihn als kleine Mahlzeit für zwischendurch angesehen. Dann ging die große Suche los. Ich weiß nicht, wie oft ich meine Zeit damit verbrachte dieses etwas andere Wesen zu finden und eigentlich hätte es mir auch egal sein können, denn die Natur verlangt auch Opfer, doch „Es“ nahm eine ganz besondere Stellung ein. Und wie freute ich mich, wenn ich mein Sorgenkind dann zwischen den Pflanzen oder in einer dunklen Ecke wohlauf erblicken konnte.

    Es“ wuchs im Verhältnis zu den anderen Guppybabys nur sehr langsam. Seine dunkle Farbe wurde zwar mit der Zeit etwas heller, doch ich konnte anhand des Aussehens das kleine Fischlein weder als männlich, noch als weiblich definieren. Der schlanke und langgezogene Körperbau sprach für einen männlichen, die unscheinbare Färbung jedoch für einen weiblichen Guppy. Und so bekam „Es“ eines Tages seinen Namen, einfach „Es“.

    Dieser kleine Fisch hatte es mir angetan. Er war nicht besonders schön, auch seine Schwimmkünste unzureichend, doch er wirkte dabei nicht unglücklich oder gar leidend.
    Irgendwie, das muss ich ehrlich gestehen, bewunderte ich dieses zarte Wesen, was sich so tapfer und unbeholfen durch das Aquarium bewegte. „Es“ versuchte einfach nur zu leben und mit seinem Handicap umzugehen. Und das konnte „Es“ wirklich gut.

    Nein, es kommt nicht darauf an, wie Andere einen wahrnehmen, auch nicht ob man für schön empfunden wird. Man muss nicht durch tolle Leistungen glänzen oder sein Handicap gar verstecken.
    Es“ ist nicht perfekt, aber er fühlte sich wohl in seinen kleinen Schuppen und seinem Reich. Und genau das machte ihn so liebenswert und besonders.

  2. #2

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    Sehr schöne Geschichte Silvi

    Ich muss gestehen bei meinen Fischen geht's mir auch so und bei den Guppys ist auch ab und an einer dabei der fast schwarz ist und sich ins Leben kämpft, komisch das es immer die dunklen sind, bei mir hier auch so.

    Ich habe im Moment auch einen Oryzias woworae der einen verkrümten Rücken hat, er lebt allerdings im Aufzuchtbecken alleine, im Moment mit meinem letzten knurrenden Zwerggurami. Trotz seines Handycap jagt er ihm das Futter ab und ist doch recht flink. In der freien Natur hatte er längst nicht mehr gelebt, aber ich freue mich wenn ich sehe wie er sich übers Fressi freut. Es macht sie eben besonders.

    Wie mein Cory aeneus der ein Auge durch eine Verpilzung verlor.

  3. #3

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    Oh ja, sie sind tatsächlich was Besonderes.
    Ist das eigentlich nur bei Frauen so, dass man zu diesen Tieren ein anderes Verhältnis aufbaut?
    Und schon interessant, dass du auch diese dunklen Babys erwähnst.

  4. #4

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    Ja ich denke schon das es eher ein Frauending ist.
    Ja das ist mir gleich aufgefallen mit der dunklen Farbe, echt komisch. Hatte jetzt wieder so ein ganz zartes schwarzen kleines Ding.

  5. #5

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    Ich kann nur vermuten, dass es ein genetisches Problem ist.
    Gravierende äußerliche Fehlbildungen kann ich bei "Es" sonst nicht sehen, aber trotzdem ist es kein "gesundes" Tier.
    Ja, in der Natur wäre so ein Fisch (auch wenn es sich jetzt schlimm anhört) Ausschuss und würde nicht lange überleben.
    Das hat die Natur auch völlig richtig eingerichtet, dass sich nur gesunde und starke Tiere vermehren, sonst würde es ein genetisches Fiasko geben.
    Ich unterscheide da sehr zwischen Natur und Zuhause und sehe es ganz realistisch.

  6. #6
    @ Anne
    Hallo Silvi.

    Mir gefällt auch die Geschichte.
    Das mit dem Frauending kann gut sein, denn Baby's bekommen wir ja auch.

  7. #7

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    Hallo Namenskollegin,

    ja, wir alle haben unsere besonderen Schützlinge... ob im Aquarium oder woanders... leider ist mein kleiner Fische mit langen Flossen nicht mehr da... - er war wohl auffälliger als die anderen... - ich hatte mind. 40 Jungfische... übrig ist nur mehr ein Viertel davon, allerdings ist das in der Natur auch so... dennoch ist das nun der Grund warum das Aquarium größer wird... - ich kann mich jetzt doch nicht wirklich trennen von ihnen... - bzw. zu dem Zeitpunkt, wo ich sie hergegeben hätte, da wollte sie keiner...
    Cory kann da auch ein Lied davon singen...

  8. #8

    Talker
     
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    Mutterinstinkt.